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Historische Gasthäuser
Kenzingen
Scheidels Hotel-Restaurant zum Kranz
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Rolle in der Geschichte

Bierbrauerei und "Kranzwirthschaft"

Wir ahnen, dass der Erbauer große Ziele und Pläne vor Augen hatte, als er im Jahre 1800 das stattliche Gebäude errichten ließ. Seine Berufe Bierbrauer, Gastwirt und Landwirt geben auch im heutigen Verständnis einen passenden Dreiklang, benötigten aber auch ein beträchtliches Anwesen. Die nicht ganz originalgetreue Ansichtskarte im unten stehenden Bild lässt das ganze Ausmaß erkennen.
Martin Bilharz hatte sich nicht verrechnet. Auf mehrere Pferde zu setzen, sicherte den Lebensunterhalt der Familie. Auch die Gastwirtschaft muss schon gleich zu Beginn bekannt und gut angesehen gewesen sein. Bereits 1806 nächtigte eine Königliche Hoheit in der "Kranzwirthschaft" (Näheres siehe Kapitel Anekdoten & Mehr).
Bild vergrößern Lithographie um 1900: durch den Torbogen ging es mit dem Fuhrwerk direkt via Innenhof und zweiten Torbogen in die Scheune. Das längliche Gebäude links ist die Bierbrauerei dar. Rechts der Anbau, an den sich der Biergarten anschließt.
Bild vergrößern Lebhafte Gesellschaft vor der Brauerei Franz Scheidel 1906. Das Bierfass im Bild rechts trägt den sechszackigen Bierbrauerstern. Interessant auch die Aufschrift § 11 auf dem Bierfass links (Näheres im Kapitel "Überlieferungen").
Bild vergrößern Das Ölgemälde zeigt Maximilian Bilharz hoch zu Ross.
Bild vergrößern Die Kranzwirthschaft und Brauerei um 1900.

In späteren Jahren, überwiegend in der Ära des Maximilian Scheidel, war der "Kranz" auch Umladestation für Frachtfuhrwerke einschließlich der erforderlichen Pferdewechsel. Die notwendigen Räumlichkeiten waren vorhanden. Das landwirtschaftliche Lagerhaus war sozusagen der Vorläufer der heutigen Raiffeisenmärkte. Die günstige Lage des Gasthauses außerhalb von Kenzingen erlaubte es den Fuhrleuten ferner, auf der Weiterfahrt die Landstraße um Kenzingen herum zu benutzen und die zollpflichtige Ortsdurchfahrt zu umgehen.

Bald schon wurde die Gaststube wegen großer Nachfrage zu klein. Im Stil der heutigen Wintergärten entstand bereits vor 1900 ein Anbau. Dank der Weitsicht des damaligen Bauherrn waren bis heute keinerlei Veränderungen notwendig. Die vielen Fenster lassen das Licht von Süden herein. So hat man nie einen dunklen Raum. Im Winter geben die Fenster Licht, im Sommer Kühle durch die schatten spendenden Kastanien.

Auch die Bierbrauerei lief gut. In der heutigen technisierten Welt kann man sich kaum vorstellen, unter welchen Bedingungen diese bewerkstelligt wurde. Bedenken wir dabei, dass Bier anfangs nur fünf bis sechs Tage haltbar war. Durchaus üblich war es, sich den Gerstensaft im eigenen Krug abfüllen zu lassen und mit nach Hause zu nehmen. Aber die Bierbrauer hatten Ideen: Vom Eisweiher beim nahe gelegenen Flüsschen Elz trug man im Winter das Eis ab, schaffte es in Pferdewagen zum Bergkeller, in dem die Bierfässer lagerten. Durch die große Masse an Eis fror dieses zusammen und hielt außerordentlich lange. Mit diesem wurde auch der Eisschrank (siehe "Entdeckungen im Gasthaus") bestückt. In Bügelflaschen von Hand abgefüllt, war die Haltbarkeit verlängert. Viele Kunden kamen aus dem nahen Elsass. In der Kühle der Nacht wurde das begehrte Gebräu mit Pferdewagen abtransportiert.
Der massiv gemauerte, natürliche Kühle abgebende Bierkeller außerhalb des Anwesens im Niedernberg existiert noch heute, allerdings ohne Funktion.

Jedoch, die Zeiten änderten sich. Nach dem ersten Weltkrieg ging viel Kundschaft aus dem Elsass verloren. Wirtschaftlich war es generell nicht zum Besten bestellt. So musste die Brauerei aufgegeben werden. Was blieb, war ein Bierdepot, um die verbliebene Brauereikundschaft zu beliefern.

Glücklicherweise hatte man ja auch noch die Landwirtschaft mit Ackerbau und Weinbau. Eigener Wein und selbst gebrannter Schnaps waren ebenso selbstverständlich wie das liebe Vieh mit Kühen, Schweinen und Hühnern. Sehr wichtig waren natürlich die eigenen Pferde als Zugtiere für den Transport. Aber Franz Xaver Scheidel, Großvater des heutigen Wirtes, konnte es auch genießen, mit einer kleinen flotten Kutsche und einem "Rennpferd" zum Beispiel mal eben nach Freiburg zu fahren.

Erste Tankstelle im Ort

Zweifelsfrei kann man Familie Scheidel großes Innovationspotenzial bescheinigen. Mut gehörte sicher auch dazu, als Franz Xaver und Ehefrau Emma ihre Idee einer Tankstelle im Jahr 1925 verwirklichten. Dafür musste leider der alte Biergarten verkleinert werden. Bis zur Einrichtung der Tankstelle erstreckte sich dieser noch bis an die kopfsteingepflasterte Hauptstraße. Man bedenke, dass vorher Benzin von der Apotheke abgegeben wurde. In größeren Städten gab es natürlich schon Zapfsäulen, aber im ländlichen Kenzingen war es die allererste. Nun stand der Betrieb auf vier Säulen: Gasthaus, Bierdepot, Landwirtschaft und Tankstelle, geführt von den Großeltern und Eltern des Franz Richard Scheidel.

Und heute? Das Rad der Zeit hat sich weiter gedreht. Die Tankstelle wurde in den 80er Jahren aufgegeben, die landwirtschaftlichen Flächen sind verpachtet und aus dem Bierdepot wurde ein moderner Getränkevertrieb. Seit 1983 können sich Franz Richard Scheidel und seine Ehefrau Hildegard voll und ganz den Gästen des angesehenen Gasthauses und Hotels widmen. Dass sie dies mit Leidenschaft und großem Engagement verwirklichen, zeigt sich im Stil des Hauses und in der Zufriedenheit der Gäste.
Bild vergrößern Die erste Tankstelle in Kenzingen ab 1925
Bild vergrößern Kenzingen um 1820, im Vordergrund die "Kranzwirthschaft"

Traditionen bewahren - im Zeitgeist leben

Treten wir ein in die behagliche Gaststube von eleganter Schönheit. Der in über 200 Jahren eingelaufene Dielenboden knarrt bei jedem Schritt.

Besonderer Blickfang ist das zur traditionellen Ausstattung gehörende prächtige Holzbuffet.

Weitere Akzente setzen eine historische Uhr, schöne Aquarelle und ein altes Klavier, bestückt mit hochwertigen Digestifs. Für die liebevoll eingedeckten Tische sorgt die Hausherrin Hildegard Scheidel mit stilsicherer Hand, während ihr Gatte mit besten Zutaten köstliche Gerichte auf den Teller zaubert. Dass Beide antiquarische Stücke lieben und pflegen, ist nicht zu übersehen. Beachtung verdient der über 100 Jahre alte Eisschrank in der Diele (siehe Foto unten). Es handelt sich um eine der ersten Eismaschinen, dessen Funktionen die Hauswirte gerne erklären.
Bild vergrößern Oben: das kunstvolle Holzbufett mit den Jugenstilelementen. Betrachten Sie unbedingt diese Rarität, Sie finden selten Ähnliches; rechts: dazu die Originalrechnung der Badischen Holzwaren Fabrik Bombach vom 07.10.1905. Der Preis betrug 625,30 Mark.
Bild vergrößern
Bild vergrößern Im Stil der Zeit um 1900: die elegant gemütliche Gaststube
Bild vergrößern Die Fenster sind noch Originale! (siehe "Überlieferungen")

Sowohl die ursprüngliche Gaststube als auch der vor 1900 angedockte Raum sorgen mit der umlaufenden Holzverkleidung für ein elegant-gemütliches Ambiente, erhellt durch die zahlreichen Fenster. Diese sind in ihrer Originalität schon außergewöhnlich. Beim genaueren Hinschauen kann man bei einigen sogar zarte Ornamente im Glas entdecken.

Wie das äußere Erscheinungsbild des Hauses ist auch der gesamte Innenbereich zu charakterisieren mit den Attributen: traditionell, aber nicht angestaubt!
Bild vergrößern Historische Uhr in der Gaststube
Bild vergrößern Ein ca. 100 Jahre alter Eisschrank. Charakteristisch der äußerlich an der Vorderfront unten nach vorne austretende Wasserhahn zumeist ein einfacher Kegelhahn mit Drehhebel.

Bilder

Kranzwirthschaft um 1925
Quittung über Schulgeldzahlung für Franz Scheidel Schuljahr 1873 - 1874 noch in Gulden berechnet.
Agnes Scheidel mit ihren fünf Kindern. Rechts neben der Mama der heutige Kranzwirt Franz Richard Scheidel
Initialen MB des Erbauers Martin Bilharz 1800
Brauerei-Logo
Erste Tankstelle in Kenzingen vor dem Gasthaus
Sorgfältige Aufzeichnungen von Agnes Scheidel
Ahnengalerie
Der Brauereigasthof um 1870. Beachtenswert die zahlreichen Bierfässer, die auf einen lebhaften Betrieb schließen lassen.
Franz Xaver Scheidel mit Ehefrau Emma und ihren beiden Kindern Franz Josef Scheidel und Gerda Scheidel (verheirate Bürkle) bei Gerdas Kommunion.
Das Gasthaus um 1900
Schlussstein im Torbogen zur Scheune.
originelle Garderobenbefestigung an der Holzumtäfelung
Innenhof mit Einfahrt zur Scheune
Mittelalterliche Gasse entlang der Stadtmauer in Kenzingen