Anekdoten & Mehr
Die Geschichte des Konzils
Im 14. Jahrhundert geriet das Papsttum unter französischen Einfluss, und die Päpste hatten ihre Residenz von Rom nach Avignon in Südfrankreich verlegt. Aber da Rom doch die Hauptstadt des Christentums war, forderte man die Rückkehr des Papstes in die Hauptstadt. Bis 1409 gab es einen Papst Benedikt XIII in Avignon und einen Papst Gregor XII in Rom.Der Gegensatz zwischen den beiden Päpsten zerriss ganz Europa, auch Deutschland. Da alle Welt auf Bereinigung dieses Streites drängte, kamen die Kardinäle beider Parteien auf einer Versammlung in Pisa zusammen und wählten einen neuen Papst Johann XXIII. Da nun jeder der drei Päpste von der Rechtmäßigkeit seines Anspruches überzeugt war, setzte sich eine Kirchenspaltung bis in die Bistümer fort.
Auf politischer Ebene sah es nicht besser aus. Kriege und Feindseligkeiten in Europa und dazu noch die Pest verbreiteten eine Art Endzeitstimmung.
In dieser chaotischen Zeit ergriff König Sigismund die Initiative und berief ein allgemeines Konzil ein, nicht nur wegen der Kirche, sondern auch wegen der allgemeinen Umstände.
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Die dramatische Flucht von Papst Johann über den Bodensee

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Sitzung während des Konzils im Münster gemäß Richental-Chronik

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...wie zur Konzilzeit Brot gebacken wurde (aus der Richental-Chronik)

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...alle Lebensmittel mussten untersucht werden (Richental)

Der Konstanzer Chronist Ulrich Richental berichtet, dass sich Graf Eberhard von Nellenburg nachhaltig für Konstanz als Ort des geplanten Konzils einsetzte. Die Stadt läge am Rhein und Bodensee, wohin man alles Notwendige mit dem Schiff hinbringen könne und auch alle Lebensmittel zu niedrigen Preisen zu kaufen seien. Da Konstanz auch ein Bistum war und zum Reich gehörte, wandte sich Sigismund an den einflussreichsten Papst Johann XXIII. und schlug ihm die „würdige“ Stadt Konstanz, die auch in der Reichsmitte lag, als Ort für die Zusammenkunft vor. So tagte dieses „große Abendländische Konzil“ von November 1414 bis Mitte 1418 im großen Konstanzer Warenhaus. Der neue Papst Martin wurde gewählt.
Der eigentliche Tagungsort war das Münster, das für die Sitzungen hergerichtet wurde, indem man im Hauptschiff Tribünen errichtete. Dort konnten alle Teilnehmer während der 45 Sitzungen Platz nehmen.
Die Durchführung dieses Konzils brachte für die Stadt Konstanz erhebliche Probleme. Es wurde eine Fremdenordnung erlassen, in der Einzelheiten geregelt wurden. Für ein Doppelbett mussten zwei Gulden pro Monat bezahlt werden, wobei die Bettwäsche nur alle zwei Monate gewechselt wurde. Die Stadt war so voll, dass viele Konzilsteilnehmer in einem Haus regelrecht zusammengepfercht wurden. Manche fanden nur in Ställen, Holzhütten oder großen Weinfässern einen Unterschlupf.
Um die Versorgung der vielen Teilnehmer sicherzustellen, ließ die Stadtordnung den Zuzug fremder Geldwechsler, Bäcker, Wirte, Schneider oder Barbiere zu. Rund 500 zusätzliche Handwerker kamen aus ganz Europa, und Tätlichkeiten waren an der Tagesordnung.
Wenn höchste Herren in die Stadt einzogen, wurden sie vom Bürgermeister und Rat der Stadt empfangen, von den Geistlichen mit all ihren Reliquien begleitet und unter einem Baldachin zum Münster und in die Pfalz gebracht.
Die Stadt selbst machte den hohen Würdenträgern kostbare Geschenke. So wurde einem Papst ein vergoldetes Trinkgefäß überreicht, und damit dies gefüllt werden konnte, schenkte man ihm gleich noch Fässer mit Wein dazu.
Schon kurz nach Eröffnung des Konzils durch König Sigismund zeichnete sich ab, dass man einen Rücktritt aller drei Päpste erreichen wollte. Papst Johann XXIII wollte sich dem durch Flucht entziehen. Der flüchtende Papst wurde vom Pfalzgrafen Ludwig „steckbrieflich“ gesucht. Zu Fuß, mit dem Pferd und Schiff war er bis Schaffhausen gekommen, dort aber gefangen und durch das Konzil abgesetzt worden. Dann dauerte es sehr lange, bis man sich auf den Kreis der Wähler und das Wahlverfahren geeinigt hatte. Der Rat der Stadt hatte also genügend Zeit, das Kaufhaus auf die Papstwahl, das „Konklave“, vorzubereiten. Das Gebäude wurde nach außen durch Vermauern und Verbrettern der Fenster geschlossen, damit keiner der Wähler mit der Außenwelt Kontakt aufnehmen konnte. Im oberen Stockwerk wurde für jeden Wähler eine Zelle eingebaut. Der festgelegte Wählerkreis kam am 8. November 1417 zusammen. Am 11. November 1417 wurde Otto Colonna als Papst Martin V. gewählt und ihm auf einer Tribüne die Tiara aufgesetzt. Anschließend bestieg der neue Papst einen Schimmel, der von König Sigismund eigenhändig geführt wurde und ritt in einem Festzug durch die Stadt.
Durch die Beseitigung der vielen Päpste konnte eine Einheit der Kirche erreicht werden, eine Reform gab es allerdings nicht. Die theologischen Auseinandersetzungen endeten in einem Desaster. Die Lehre von Johannes Hus und seinem Mitstreiter Hieronymus wurde als Ketzerei bezeichnet. Hus wurde im Beisein des Königs zum Tode verurteilt und vor den Toren der Stadt verbrannt. Hieronymus wurde ein Jahr später ebenfalls verbrannt.
Die geistig-intellektuellen Interessen waren auf einen kleinen Kreis beschränkt. Die Mehrheit der Anwesenden in der Stadt genoss alle Formen der Unterhaltung: Dirnen, Spiele, Tänze und Trinkgelage. Bei Turnieren traten z.B. mehrere Patrizier gegeneinander an und wetteiferten etwa um einen Ring oder eine Brosche im Wert zwischen 10 und 20 Gulden. 120 Pfennige entsprachen einem Gulden, das war ein Betrag, für den ein Tagelöhner rund zwei bis vier Monate hätte arbeiten müssen. Die Zahl der Teilnehmer schwankte. Meist endete das Spiel mit einem Festmahl im Gemeinschaftshaus der Patriziergesellschaft „zur Katz“.
Im 14. Jahrhundert bekamen alle Häuser, ob klein oder groß, phantasievolle Namen. Diese wurden auch bildlich dargestellt, so dass sich auch Fremde, die nicht lesen konnten, in der Stadt zurechtfanden.
(Auszüge aus „Kleine Geschichte der Stadt Konstanz“ von Gert Zang, G. Braun Buchverlag, und aus „Kleine Geschichte der Stadt Konstanz“ von Otto Feger, Rosgarten Verlag Konstanz)
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Eine Geschichte der Imperia (frei nacherzählt nach Honorè de Balzac und der Übersetzung von Walter Mehring)
Philipp de Malla, ein wohlgebildeter Theologe im Gefolge des Erzbischofs von Tour, kommt zum Konzil nach Konstanz. Er ist arm, trotzdem wagt er es, ins feinste Gebäude der Stadt zu schleichen. Da sieht er, wie Imperia zur Nacht eher aus- als umgezogen wird. Sie erblickt Philipp, lacht ihn aus, gestattet aber einen Besuch am nächsten Tag. Der Erzbischof erkennt, dass Philipp in Imperia verliebt ist und versucht, ihn mit 30 Silberlingen vom Besuch abzubringen. Malla nimmt das Geld, aber nicht als Lohn für Askese, sondern nimmt es als Subvention für sein erotisches Abenteuer. Frisch gebadet und gesalbt erscheint er am nächsten Tag bei Imperia, der launenhaften, mächtigen, gottverdammten Schönheit, und sie verliebt sich nun in den jungen Kleriker. Der spontanen Liebe stellen sich jedoch Hindernisse in den Weg, die Philipp zu seinem Vorteil zu nutzen versteht. Zunächst stürmt der Bischof von Chur herein. Statt zu zweit ins Bett geht's zu dritt an den Tisch. Dann naht der Kardinal von Ragusa, der sofort erkennt, dass er zuerst Philipp als Konkurrent ausschalten muss. Er stellt ihn vor die Entscheidung: Imperia heute und einen Strick um den Hals oder eine Abtei und eine Mitra aufs Haupt. Philipp wählt die Abtei samt schriftlicher Beurkundung. Er bedankt sich dafür mit einer gewitzten Eingebung: Ragusa soll dem Churer sagen, er käme gerade von der letzten Ölung des Erzbischofs von Bordeaux, der habe die schwarzen Blattern. Damit verabschiedet sich Philipp von der liebend-wütenden Imperia, bereichert um die Abtei Turpenay und tausend Goldgulden. Ragusa wendet die empfohlene List an und der Churer Erzbischof flieht vor der vermeintlichen Pest. Doch Ragusa findet nicht die Liebe die er sucht, Imperia hält ihn sich mit einem Dolch vom Leib, auch die Drohung der Exkommunikation nützt nichts. Er muss gehen. Imperia ist allein, weint und klagt. Und wie sie in den Spiegel schaut, sieht sie darin Philipp, der zurückkam. Mit dem Lob auf die liebeerfüllte Stadt Konstanz winkt sie Philipp und lädt ihn ein. Damit hat die Geschichte ein diskretes Ende gefunden.
Ausgrabungen vor dem Umbau
Die Grabungen am Konzil im Auftrag des Regierungspräsidiums Stuttgart ergaben, dass das Konzil-Fundament gegen die Stadmauer stößt, aber nicht mit ihr verbunden ist. Das bedeutet, dass die Stadtmauer zuerst da war.
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Die Grube der Archäologen im Juni 2011

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So sieht dieser Eingang heute wieder aus

Das Konziljubiläum
Von 2014 bis 2018 findet in Konstanz das Jubiläum zu 600 Jahre Konstanzer Konzil statt. Zu Beginn des Jubiläums gab es eine große Landesausstellung mit Exponaten von zahlreichen Museen im In- und Ausland. Sie endete im Oktober 2014.Auch ein Mittelaltergarten wurde auf der Konzilmole aufgebaut. Auf rund 700 Quadratmetern wurden verschiedene Nutzpflanzen aus der Zeit des Konzils angepflanzt, zum Ende des ersten Jubiläumsjahres beendete die Stadt dieses Projekt.
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Mittelaltergarten auf der Konzilmole Ende April 2014

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...und die anschließend neu gepflanzten Bäumchen.
